Geruchsfernsehen

Ein Blick zurück und schon steht sie drin. Dieser seltsame Geruch krabbelt ihren Körper, ihren Verstand hoch und nistet sich ein, um zu bleiben. Tausend Bilder ploppen auf wie Seifenblasen, bleiben hängen, verwerfen und verschwinden dann in der Schwerkraft der Zeit, der Auflösung ihres Seins. Trotzdem bleibt etwas, etwas geht. Der Geruch bleibt heften und lässt irgendwie eine kleine Reizüberflutung da. Irgendwie aber auch ein warmig-wohliges Gefühl. Weil sie diesen Ort kennt und liebt und die Geschichten verinnerlicht hat, die dort geschrieben wurden. Sie kennt Nuancen der Geschichten und Erzählungen, Bilder, Menschen und das Papier. Das Papier mit der Farbe der anderen. Die Markierungen der Vielfalt. Und sie erkennt sich selbst und all die Samstage, die sie früher mit ihrer Mutter hier verbracht hat. All die tollen Momente und sie weiß: Mir gefällt es hier. Ich liebe es! Die Atmosphäre, die vielen Geschichten in und um die Bücher herum. Das Wissen, was hier gebündelt wird. Und es wird immer ein Ort sein, an dem sie sich stundenlang aufhalten kann. Das wird ihr bewusst, mit diesem einen Schritt in ihre Lieblingsbücherei.

Ein Blick zurück und schon steht sie drin. Dieser seltsame Geruch krabbelt ihren Körper, ihren Verstand hoch und nistet sich ein, um zu bleiben. Tausend Bilder ploppen auf wie Seifenblasen, bleiben hängen, verwerfen und verschwinden dann in der Schwerkraft der Zeit, der Auflösung ihres Seins. Trotzdem bleibt etwas, etwas geht. Der Geruch bleibt heften und lässt irgendwie eine kleine Reizüberflutung da. Sie riecht die Vergänglichkeit des Menschen, das Elend, die allmähliche Verwesung. Sie riecht die Verzweiflung, das Alleinsein und all die tausend Stunden der Mutlosigkeit. Sie kann es spüren, riechen und sehen und es bleibt da. Sie würde so gerne etwas tun, kann aber nicht. Sie ist starr und voller Ekel. Dies ist ein Ort, den sie nicht so schnell vergessen wird. Es ist ein Mensch, an den sie sich erinnern wird. Das wird ihr bewusst, als sie im Supermarkt an der Kasse steht, vor ihr dieser Mann…

Gerüche können Freude machen, Erinnerungen wecken, sie festhalten und für wenige Sekunden verweilen. Das kann dann ganz wunderbar sein. Oder man riecht die Anheftung des Schicksals. Und dieser Geruch kann zu einer Qual werden. Und es kann sogar sein, dass kein anderer es spürt, weil sie es einfach nicht riechen… Und genau da fühlen wir uns manchmal alleine.

Genieße deine Sinne, denn du kannst so viel vom Leben spüren!

2 Antworten
  1. Simon
    Simon says:

    ….ich musste beim Lesen des Textes an Altenheim denken. da gibt es meistens auch einen speziellen Geruch:-/ irgendwie auch ein Ort wo ich mich in der Regel nicht so gerne aufgehalten habe. Man weiß das Leben geht hier dem Ende zu. Manche Menschen wurden vergessen, werden dort abgestellt oder geparkt.
    Na, ja es gibt aber bestimmt auch schöne Altenheime, mit tollem Pflegepersonal und tollen Anghörigen, die regelmäßig besuchen. 🙂

    Trotzdem ein unterbezahlter Job, so wie viele in der Pflege und beim Dienst am Menschen, also ob uns das nichts wert wäre. Wenn wir in einer Situation sind, in der wir Hilfe benötigen, freuen wir uns über ausgeglichenes, zufriedene Pfleger, Therapeuten und Ärzte.

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    • sensibelreisen
      sensibelreisen says:

      Lieber Simon,
      schön, dass dich der Text zum Nachdenken und Stöbern in deinen eigenen Erinnerungen angeregt hat. Dann hast du an Altenheime eher eine negative Erinnerung? Inwiefern gibt es denn einen Geruch, der Positives aufleben lässt?

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